Topmanager-Gehälter müssen sich am Marktwert orientieren

Manchmal fördert ein Blick von außen interessante Aspekte zutage! In einer Diskussion mit einem chinesischen Manager über den bemerkenswerten Wohlstand vieler Politikerfamilien in China, zeigte sich der Gesprächspartner verwundert über die westliche Verwunderung.

Aus seiner Perspektive ist es zwar unerfreulich, aber schwer zu vermeiden, dass sich die Mächtigen in einer Gesellschaft wirtschaftlich unangemessen bereichern. Er sieht das als weltweites Phänomen. In China seien eben die Politikerclans mächtig, im Westen eher die angestellten Topmanager der großen Konglomerate; und die sorgten doch auch für ihr Wohlergehen – zwar nicht ganz so schamlos, aber doch in einer Weise, die mit Marktwirtschaft wenig zu tun habe.

Tatsächlich ist an diesem Argument viel dran: Die oft wiederholte These, dass extrem hohe Einkommen an die DAX-Vorstände gezahlt werden müssten, weil das deren Marktpreis entspräche, hält einer Überprüfung nicht stand.

Unter den rund 300 Personen, die zusammen mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr verdienen, gibt es vielleicht eine Handvoll von Kandidaten, die auf ihrem derzeitigen Einkommensniveau für andere Unternehmen attraktive Kandidaten wären.

Das gilt nicht nur für die medial präsenten Vorsitzenden. Fast mehr noch gilt es für die übrigen Vorstandsmitglieder. Alleine schon das Alter sorgt hier für Einschränkungen: Niemand hatte wohl ernsthaft Sorge, dass Herrn Vasella (dem finalen Brandbeschleuniger der Schweizer „Abzocker Initiative“), fast 60-jährig und mit durchwachsener Erfolgsbilanz, vom Aventis-Wettbewerb ein lukratives Angebot ins Haus flattern würde, wenn er ausscheidet.

Deshalb wirken die 75 Millionen Franken Entschädigung zur Abgeltung des Wettbewerbsverbotes auf Außenstehende wie ein Abschiedsgeschenk und nicht wie eine geschäftliche Notwendigkeit.

In der deutschen Industrie ist die Situation nicht wesentlich anders: auch hier gibt es einfache Vorstandsmitglieder mit Millionenbezügen, die ihr Einkommen als „fair“ empfinden, obwohl sie Mühe hätten, andernorts 10 % ihres heutigen Einkommens zu realisieren.

Das Einkommen ist in diesen Fällen kein Ergebnis von Angebot und Nachfrage und deshalb ist es in seiner Sinnhaftigkeit nicht vermittelbar.

Top-Manager sind schlecht transferierbar

Topmanager sind eben keine Riberys und Ronaldos, um die verschiedene Vereine mit abnormen Geldsummen kämpfen, was naturgemäß die Preise hochtreibt.

Anders als Sportler, Künstler oder Medienstars sind die Manager in einer ganz konkreten Situation – hoffentlich! – vorstandsgeeignet und zu besonderen Leistungen fähig. Die meisten aber sind ohne Qualitätsverlust nicht einmal in eine andere Umgebung transferierbar, schon gar nicht international.

Und eine Motivationsnotwendigkeit gibt es auch nicht: Die allermeisten DAX-Vorstände würden – was ja für sie spricht – keinen Deut schlechter arbeiten, wenn sie nur die Hälfte oder ein Drittel ihrer heutigen Bezüge erhalten würden.

Im Ergebnis hat mein chinesischer Geschäftsführer recht: Die mit besonders viel Macht und Einfluss ausgestatteten deutschen Topmanager haben sich vielfach von ihrem Marktwert entkoppelt.

Die ganze Diskussion, ob die Arbeit eines Vorstands wichtiger ist als die von Herrn Jauch, die eines Fußballers oder die eines Krankenpflegers geht am Ziel vorbei. Nicht irgendeine abstrakte Gerechtigkeits- oder Angemessenheitsüberlegung, sondern der Markt bestimmt in unserem Wirtschaftssystem Wert und Preis einer Arbeitsleistung: Das ist gut für Herrn Jauch und den Fußballer, die viele sehen möchten und schlecht für die Krankenpfleger.

Marktwert sollte als Maßstab für das Einkommen dienen

Viele Topmanager aber sind heute eindeutig weit über die Nachfrage hinaus bezahlt – was nicht ohne Ironie ist, weil sich manche ja als Gralshüter der Marktwirtschaft sehen. Aktionäre und Mitarbeiter wären über ihre jeweiligen Vertreter im Aufsichtsrat in der Lage, das zu ändern.

Wenn Herr Steinbrück sich trauen würde, DAX-Vorstände oder Sparkassendirektoren laut und deutlich für überbezahlt zu erklären, statt politische Ämter für unterbezahlt, würde sich Frau Merkel wahrscheinlich ganz schnell anschließen. Sie hat ja auch wahrgenommen, dass 68% der Schweizer – anders als ihre bürgerlichen Parteien – die Topmanagementbezahlung für ein Ärgernis halten. Und man darf ihr zutrauen, dass sie diese Erkenntnis auch auf die Verhältnisse in Deutschland übertragen kann.

Wenn der Marktwert als Maßstab anerkannt wäre, würden sich die Einkommen nach der Verfünf- oder Verzehnfachung der letzten 20 Jahre langsam wieder in die Gegenrichtung entwickeln. Das wäre sicher eine bessere Strategie als Regularien und staatliche Höchstgrenzen.

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