Der Artikel enthält einige interessante Gedanken: dass sich die in China vergleichsweise schnell zu- und abnehmende Begeisterung für Konsummarken auch auf Arbeitgebermarken übertragen lässt; dass die Wichtigkeit einer Balance im zwischenmenschlichen Austausch von vielen unterschätzt wird: viele Chinesen möchten Ihrem Arbeitgeber nichts schuldig bleiben; wenn der Ihnen – vertreten durch die Vorgesetzten- dauerhaft mit echtem Interesse und Wohlwollen auf einer menschlichen Ebene begegnet, ist das oft ein überaus wirksamer Abwerbungsschutz.
Was mir aber zu kurz kommt: Chinas wirtschaftliche Entwicklung und die seiner Bürgergesellschaft stecken noch in den Kinderschuhen; junge Leute können etwa bei Problemen mit dem Arbeitgeber oder einem neuen Jobangebot meist nicht von den Erfahrungen älterer Freunde und Kollegen oder von denen ihrer Eltern profitieren, weil die in ganz anderen Verhältnissen gelebt haben. Also müssen sie mehr Erfahrungen selbst machen und das führt auch zu mehr Fehlern.
Hinzu kommt, dass sich ein einheitliches Einkommensniveau im Land gerade erst entwickelt. Selbst in ganz ähnlichen örtlichen und industriellen Strukturen werden mitunter vergleichbare Aufgaben um ein Vielfaches unterschiedlich bezahlt – besonders im Management. Entsprechend hoch ist der Gesprächs- und Erklärungsbedarf, wenn es um die Bezahlung geht – viele deutsche Arbeitgeber übersehen das und sprechen möglichst wenig über Geld.
Es gibt jedenfalls kein Gen, welches chinesische Mitarbeiter besonders wechselwillig machen würde; das sieht man schon daran, dass die international ausgebildeten jüngeren Leute, die über Arbeitserfahrung in Europa verfügen, ein ganz ähnliches Verhältnis zur Arbeitgeberloyalität haben wie ihre europäischen Altersgenossen.