Als ich 1981 in München eine Wohnungsanzeige aufgegeben habe, um meine entstehende Familie zu behausen, gab es eine einzige Zuschrift; die Wohnung war toll, die Vermieterin war münchnerisch, mütterlich und nett; das zu erwartende Kind eine Freude und kein Problem (für die Vermieterin). Zum Ende der Besichtigung (ohne die schwangere Mutter) habe ich gesagt, ich müsse korrekterweise noch mitteilen, dass meine Frau Ausländerin sei; die Gesichtsfarbe wechselte von rosig zu aschfahl, in den Augen kam leise Panik auf; sie komme aus England; große Erleichterung, großes Gelächter: „Das sind ja keine richtigen Ausländer“!
Daran hat sich nichts geändert; wir lassen mal die weniger als 10% Verstandfreien, für die alle „Migranten“ unbekannt und deshalb unerträglich sind, aussen vor; dann gibt es gute Ausländer, neutrale, erträgliche, schlechte und ganz schlechte; helle Hautfarbe und Haare helfen, sind aber nur ein Kriterium; Polen haben es auch in blond nicht leicht, Japaner oder Thailänder sind eher exotisch als positiv oder negativ zugeordnet; Amerikaner sind überwiegend geschätzt solange sie nicht allzu schwarz sind und Schweizer und Österreicher kommen ohnehin nur nach Deutschland, wenn es für sie attraktiv ist; was wir mit den Schweden Larsson (dunkelhäutig) und Ibrahimovic (langhaarig) anfangen würden, wenn sie keine erfolgreichen Fußballer wären, ist allerdings offen. Diese Grautöne sind Folgen der Globalisierung und komplizieren das Vorurteil als solches in lästiger Weise.
Ein interessanter Fall sind die Chinesen. Davon gibt es in Deutschland rund 50 Tausend und sofern sie nicht der Gastronomie zuzurechnen sind, handelt es sich fast ausschließlich um Akademiker; diese Menschen berichten fast nie, dass sie sich in Deutschland unfreundlich aufgenommen fühlen; häufig studieren sie hier und tun sich – jedenfalls die Männer- schwer mit der Partnersuche; das ist aber keine Diskriminierung, sondern Folge der Vorliebe deutscher Frauen bei der Partnerwahl: Kriterium 1 und 2: Größe (Länge), Platz 3: kantige Gesichter. Beides haben die Chinesen meist nicht zu bieten. Aber als Arbeitskräfte sind durchaus gefragt: oft sehr gut ausgebildet als Ingenieure oder Informatiker, überdurchschnittlich intelligent, einsatzfreudig, fleißig und relativ preiswert; sie sind gut geeignet, in Zeiten des Fachkräftemangels zuverlässig die nicht so aufregenden Projekte abzuarbeiten und davon macht die Wirtschaft durchaus Gebrauch.
Das meist etwas niedrigere Einkommen der chinesischen Akademiker ist auch keine Diskriminierung, sondern markttechnische Folge der Bewertungen deutscher Arbeitgeber: Dort werden in aller Regel die gute Beherrschung der (deutschen) Sprache, ein europäisch selbstbewusster Auftritt einschließlich einer geschickten Selbstdarstellung und ein schnelles Erfassen aller ungeschriebenen Firmenregeln höher eingeschätzt als eine Extraportion Leistungswille und Leistungsfähigkeit. Wenn man sieht, wie etwa im Business Fußball die Erfolgreichen weite Wege gehen, um durch Vielfalt im Team die letzten 10% Leistungspotential zu erschließen, drängt sich der Gedanke auf, dass diese Bewertung wahrscheinlich falsch ist. Aber die meisten deutschen Unternehmen kommen (noch) ohne die letzten 10% gut zurecht und so wird sich das nur langsam ändern.
Die chinesischen Akademikern fallen als Migranten eher in die neutrale Kategorie. Sie sind im Ausbildungslevel hoch angesiedelt sind und bringen eine kulturelle Kompetenz mit, die für die meisten deutschen Unternehmen geschäftlich interessanter ist als die Kenntnis etwa der bosnischen, portugiesischen oder türkischen Kultur. Sie sind also eine relativ attraktive Gruppe. Es kann dann nicht verwundern, dass Migranten als Gesamtheit im Durchschnitt für vergleichbare Tätigkeiten weniger verdienen. Neben den Gewerkschaften regelt in Deutschland der Markt die Einkommenshöhe. Eine langsame Angleichung wird über die Jahre erfolgen, je mehr die Unternehmen den Wert von vielfältigen Charakteren und Einflüssen für die Gesamtteamleistung erkennen – insbesondere in globalen Märkten. Ein Sonderangebot – und das sind die talentierten Migranten- bleibt im Wettbewerb auf Dauer nicht unentdeckt – zumal es bei dieser Form von „Diversität“ keine Ausfallzeiten durch Mutterschutz und Erziehungsurlaub gibt. Das bedeutet natürlich auch, dass es im Bereich der weniger Qualifizierten auf Dauer Unterschiede geben wird, weil die kulturelle Kompetenz eines Maschinenführers in der Produktion sich nur sehr mittelbar in wirtschaftlichen Erfolg umsetzen lässt.